Bin ich alleine mit Luciano Pavarotti im Auto ist es so, als würde ich in den blauen Abendhimmel mit seinen rosa-weißen Herbstwolken fliegen.
Es gibt dann nur die Musik und mich. Schmettert Pavarotti mir entgegen, wie sehr er mich liebt, gibt es buchstäblich kein Halten mehr. Ein Lied für die Ewigkeit.
Könnte dann schneller gehen als eigentlich erhofft, trotz meiner tiefen ökologischen Grundhaltung bin ich leider ein ziemlicher Bleifuß, eine Raserin.
Mit vor Verzückung geschlossenen Augen und 140 Stuckis könnte ich womöglich recht flott der Ewigkeit begegnen. Also stell ich Pavarotti seufzend ab und mach das Radio an.
So höre ich die Reportage „Die beste Tochter der Welt“. „Bescheuerter Titel“, denke ich bei mir.
Ich vermute, Sie sind sich sehr sicher, die beste Tochter und/oder der beste Sohn der Welt haben lange Jahre Ihr Leben versüßt/versüßen es noch immer (und bringen und brachten ordentlich Salz in die Alltagssuppe).
Außerdem behaupte ich ohne einen Hauch von Rot auf meinen Wangen, dass sich mit 1000 %-iger Sicherheit die allerallerbesten Töchter und Söhne der Welt zufällig jeden Heiligabend bei mir auf unserer großen schwarzen Couch tummeln.
Aber ansonsten war die Reportage gut. Es ging um „Young-Carers“.
Knapp eine halbe Million Kinder in Deutschland pflegen täglich ihre schwerkranken Eltern. So weit, so schlecht.
Schlimm ist zudem, dass diese Gruppe in der gesamtgesellschaftlichen Wahrnehmung schlichtweg nicht existiert und infolgedessen auch überhaupt keine Lobby hat. Das bedeutet, es gibt keine adäquate Hilfsangebote für diese Kinder. Keine Ansprechpartner. Keine Unterstützung irgendeiner Art von staatlicher Seite. Die titelgebende beste Tochter der Welt kämpft um die Wahrnehmung dieses Problems, beeindruckend.
Vermutlich die beste Kämpferin für Young-Carers der Welt und ganz sicher für ihre Familie die beste Tochter der Welt.
Ich hatte übrigens den besten Papa der Welt. Der so gerne gegessen und so gerne gekocht hat.
Um ehrlich zu sein, essen gehen war mit meinem Papa fast unmöglich. Nichts war gut genug.
Das macht mich fast ein bisschen traurig. Dass ich meinem Papa nicht mehr diese köstlichen Rouladen, die wir diese Woche im Mutz haben werden, servieren kann. Er hätte es geliebt.
Auch, von mir zu hören, wie diese gefüllt werden. Ob die Zwiebeln roh sind oder gekocht (roh), ob erst der Senf hineingestrichen wird oder erst der Speck kommt (natürlich erst der Senf), wann wird gesalzen, wie wird angebraten, womit wird abgelöscht? Wird die Soße separat zubereitet? Was kann ich nutzen, wenn ich aber keine Brühe da habe… So ein Gespräch konnte genauso intensiv werden wie eine hitzige Debatte über die Leistung der Eintracht – da hieß das noch Leistung und nicht Perfomance.
Mal sehen, wie die Eintracht am Donnerstag performt.
Just in case, Sie schauen kein Fußball: Wir haben einen wundervollen Auftritt von Axel Freudenberger und Christian Müntz – Leichte Jazzmusik trifft auf kräftige Roulade – oder auf Pilzrisotto, jamaikanisches Hähnchen klingst doch auch ziemlich verführerisch, oder?
Was es am Freitag für einen Fisch gibt, weiß ich nicht, der Koch sagt, er müsse noch nachdenken, ich würde meine Hand darauf wetten, dass es superlecker wird, er kann es, nachdenken und performen 🙂
Genug der Wortspielchen, gelungene Überleitung zu einem Ausblick auf unser leistungsstarkes literarisches Programm zur Buchmesse, halten Sie sich fest:
• Sonntag, den 12.10. um 18:00 Uhr liest der wunderbarste Michael Bohl der Welt aus „Last Call Manila“ von Jose Dalisay, passend zum Buchmessen-Gastland Philippinen
• Mittwoch, den 15.10. um 19:00 Uhr stellt die Autorin Claudia Fratz ihr Sachbuch „Wie eine tickende Bombe unter uns. Fragen, die ich meiner Oma zu ihrem Leben während der NS-Diktatur 1933-1945 gerne noch gestellt hätte“ vor
• Donnerstag, den 16.10. um 19:00 Uhr liest Zia Ghasemi aus seinem persischen Roman „Mitternachtssammler“
Bei allen Veranstaltungen ist freier Eintritt, ich freu mich auf Ihre Reservierungen und auf Sie :-).
Jetzt bin ich der Zeit aber voraus galoppiert, hier noch die Sachen, die zeitlich vor der Literatur kommen:
• diesen Donnerstag das Gitarren- Klarinetten Duo Freudenberger/ Müntz mit kammermusikalischem Jazz
• nächsten Mittwoch 24.9. und Donnerstag 25.9.singt Anna Reinhard Mey 19:00 Uhr
• Mittwoch 1.10. Kino im Mutz „Heldin“
Am 3.10 ist in Nierderursel das schöne Stadtteilfest „Tag der offenen Hoftore“, viele sonst verschlossene Höfe öffnen ihre Türen und manch schöner Hof zeigt sich in feierlichen Gewand und bietet Musik, Unterhaltung, Flohmarkt, Essen, Gespräche.
Ich habe nun wirklich genug erzählt, obwohl ich die Apfelgranita vergessen habe, die gibt‘s aber trotzdem, und APFELTIRAMISU.
A posto, oder: Jetzt reicht es aber Mal!
Gute Nacht
die Sabine vom Mutz